For exposure?

Lisa Hellriegel

„Widersprüche aushalten!“, sagt eine Freundin von mir immer. Wie herausfordernd das sein kann, stellte ich zuletzt bei einer eigentlich gar nicht so widersprüchlich klingenden Aufgabe fest: FotografInnen für unser Visual zu kontaktieren.

„Hallo, ich bin eine Studentin, die Sie überhaupt nicht kennen! Wollen Sie mir vielleicht Ihre professionell aufgenommenen Fotos geben, damit ich sie auf einer Website ausstelle? Natürlich ohne Honorar; aber ich hoffe, Sie fühlen sich geehrt!“ Höfliche Anfragen mit diesem oder einem ähnlichen Subtext zu verfassen, fällt mir, ehrlich gesagt, alles andere als leicht.
Problematisch finde ich die – alles andere als seltene – damit verbundene Bitte an KünstlerInnen, ihre Arbeit unbezahlt, aber „for exposure“, also für eine Plattform in der Hoffnung, damit ihre Reichweite zu vergrößern, zur Verfügung zu stellen.
„Exposure“ ist aber leider (noch) keine Währung, die VermieterInnen akzeptieren oder mit der man mal schnell Einkaufen gehen kann:

Externer Inhalt von Twitter.

So trägt die Kultur des Nichtbezahlens künstlerischer Arbeit zur weiteren Prekarisierung von Kunst und Design bei. Daran teilzuhaben, fällt mir schwer – und ich selbst hätte in den allermeisten Fällen ja auch keine Lust, ohne Entlohnung einen aufwendig recherchierten wissenschaftlichen Text zu schreiben, der dann unter Nennung meines Namens auf „irgendeiner Website“ veröffentlicht wird.
Nun ist Dekóder selbstverständlich nicht „irgendeine Website“, sondern bietet einen hohen Mehrwert für die LeserInnen und auch für die dort Veröffentlichenden. Das ist mir klar, und das wird auch aus meinen Anfragen deutlich. Damit ist die Plattform, die wir KünstlerInnen dort bieten können, natürlich viel mehr wert als die eines kleinen Blogs.

Dennoch hatte ich viel Verständnis, als eine kontaktierte Fotografin, Ira Thiessen (www.irathiessen.com), unsere Anfrage ablehnte – unter anderem mit Verweis auf ihre Doppelbelastung als berufstätige Mutter.
Glücklicherweise hingegen stimmte ein anderer  Fotograf, den wir anfragten, Artjom Uffelmann (www.instagram.com/artjomuffelmann), ohne weitere Bedingungen zu und schickte mir „die JPGs“. Durch die Anwendung der Ambrotypie, einer Technik aus dem 19. Jahrhundert, poträtiert er die Kirchen in den ehemalig deutschen Wolgagebieten auf außergewöhnliche Weise.

Vielleicht also muss ich einfach akzeptieren, dass bestimmte Arbeitsbedingungen „einfach so sind“?
Auf der anderen Seite ließ sich im Zuge unserer Projektarbeit mit Dekóder
immerhin ein symbolisches Honorar aushandeln.
Bei unserem aktuellen Projekt heißt es also – wie so oft – : „Widersprüche aushalten!“ Ich kann mich nun erstmal darüber freuen, endlich Bilddateien – und dazu noch wirklich spannende – zur Veröffentlichung für unser geplantes Visual zu haben.

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